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Wer sich nicht entwickelt wird abhängig!

Berlin - Dozentenagentur

Vor einigen Tagen habe ich von einer so genannten Dozentenagentur einen Anruf bekommen. Sie machen doch auch Seminare? Was mir dann allerdings angeboten wurde war unglaublich! Ein trauriges Beispiel für die Problematik „Wer sich nicht entwickelt wird abhängig!“

Es gab Zeiten in denen das Arbeitsamt mit vollen Eimern Geld für Bildungsmaßnahmen auf so genannte Bildungsunternehmen (oder -träger) ausschüttete. Leicht verdientes Geld für alle Beteiligten. Das hatte die Entwicklung eines unrealistischen Bildungsmarktes in Deutschland zu Folge, der zu großen Teilen von der heutigen Bundesagentur für Arbeit unterhalten wurde. Vor einigen Jahren stellte man dann fest, dieses Gießkannen-Verteilprinzip ist zu teuer und wenig effizient. Mittel wurden in Größenordnungen gestrichen, die sich bis dahin keiner der Bildungsmarkt-Teilnehmer hätte vorstellen können.

Beispiel

Ein Beispiel soll das verdeutlichen: Hatte ein solches Bildungs-Institut im Jahr 20 so genannte Maßnahmen, blieben jetzt vielleicht noch zwei übrig. Das war für viele nicht zu verkraften, obwohl jedem hätte klar sein müssen, dass die bisherige Praxis wirklich nicht so weitergehen konnte.

Die Folge war das regelrechte Zusammenbrechen dieses Bildungsmarktes. Erstaunlich daran ist allerdings folgendes: Man müsste ja annehmen können, dass die Unternehmen sich weiter entwickeln würden. Neue Märkte erobern oder innovative Produkte entwickeln. So hätten sicher nicht alle der vielen Bildungsunternehmen überleben können, aber doch einige. Was jetzt aber Realität ist, spottet jeder Beschreibung. Die noch bestehenden Unternehmen hängen weiterhin am Tropf der öffentlichen Förderung der Bundesagentur oder an Mitteln aus Brüssel. Die Bedingungen unter denen sie das tun, sind kaum unternehmerisch zu nennen. Auch das soll ein deutliches Beispiel zeigen und letztlich die Aufklärung des Anrufs der Dozentenagentur sein.

Für einen freiberuflichen Dozenten aus den guten alten Zeiten war es leicht möglich, Einnahmen zwischen 50 bis 100 D-Mark pro abgehaltener Stunde zu erzielen. Ein Betrag mit dem man gut rechnen kann, wenn sich 30 bis 40 Stunden pro Woche summieren. Jetzt kommt der Anruf wieder ins Spiel. Unsere Unternehmensberatung erhielt ein Angebot ein umfangreiches Seminar im Norden des Landes durchzuführen. Die Einnahme sollte sich auf 11,50 Euro pro Stunde belaufen. Ja, Sie lesen das richtig: elf Euro und fünfzig Cent – das war ein ernsthaftes Angebot, das ich zum großen Erstaunen der Agentur freudig ablehnte!

Unglaublich

Auf meine Nachfrage, ob denn noch jemand für dieses Honorar arbeitet, erhielt ich die verblüffende Antwort: „Ja, das machen mittlerweile viele wieder!“. Das interessierte mich und ich fragte nach, wie das denn sein kann. Denn immerhin sind darin Reisekosten und Übernachtungskosten schon drin. Wenn man alles abzieht (Kosten, Steuern, etc.) dann ist da vielleicht ein reales Einkommen von drei bis vier Euro pro Stunde drin. Das liegt weit unter dem vielfach diskutierten Mindestlohnforderungen in verschiedenen Branchen. „Ja, das sind oft Geringverdiener, die sich so ihr Monatsgeld aufbessern.“ war die Antwort. Das heißt, ein großer Teil der früher entweder angestellten oder freiberuflichen Dozenten und Lehrkräfte sind heute in dieser Situation, solche unwürdigen Angebote anzunehmen und tun das offensichtlich noch gern. Eine interessante Erkenntnis.

Fazit

Wenn man bedenkt, dass es größtenteils Maßnahmen sind, in denen Arbeitssuchende auf den Wiedereintritt in den ersten Arbeitsmarkt vorbereitet werden sollen, dann ist diese Situation grotesk! Da bringen Teilzeit-Billg-Jobber (also letztlich auch arbeitssuchende Menschen!) arbeitslosen Menschen Lebensweisheiten bei. Kopfschüttelnd kann ich da nur die Frage stellen: Wird das die Probleme dieser Leute lösen? Weder die Bundesagentur noch alle direkt Betroffenen werden auf Dauer damit Erfolg haben und offensichtlich trifft hier das Gesetzt, der Markt wird das schon regeln, eben nicht zu!

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Hier schreibt der Unternehmensberater, Coach und Organisationsentwickler, mit viel Lust auf Marketing und Vertrieb. Ich bin auch Vortragsredner, Workshopleiter, Supervisor, Unternehmer seit 1991, Leipzig-, Eilenburg- und Berlin-Versteher sowie deutschsprachig weit unterwegs, von Herzen Nordsachse, Optimist in den meisten Fällen, Blogger, Fotograf, Trainer, auch Ausbilder für Autogenes Training – kurz: vielleicht auch dein Entwicklungsspezialist?
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2 Kommentare zu “Wer sich nicht entwickelt wird abhängig!”
  1. Lapidarium42 schreibt

    vielleicht war der Anruf nur ein frecher Versuch?
    Gerüchteweise habe ich aber auch schon von Fachleuten gehört die sich bereit erklären zu solchen Sätzen Kostenrechnung zu vermitteln.

    Vermutlich lesen die das Lehrbuch auf dem Weg zum Seminartermin.

    Spätestens bei der Lehreinheit „einfache Divisonskalkulation“, mit entsprechenden Berechnungsbeispielen, sollte der Fachmann dann ins Nachdenken kommen.
    Da wäre ich gern mal Mäuschen 🙂

  2. Sven Lehmann schreibt

    Ich habe keine Ahnung welche Bücher diese Leute lesen … und ich habe nachgesehen – die Agentur gibt es tatsächlich. Ich nehme also an, dass die Anfrage echt war.

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