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Beurteilungsfehler in Personalgesprächen

Beurteilungsfehler in Personalgesprächen, Wahrnehmung, Fehler, Täuschung, Personalberatung

Bei der Beurteilung der Leistungen und des Verhaltens von Mitarbeitern oder Menschen allgemein, kann es zu Beurteilungsfehlern kommen. Diese können ihre Ursachen u. a. in einer verzerrten Wahrnehmung, in der Person die beurteilt oder auch in Effekten des sozialen Miteinanders haben. Ziel sollte es natürlich sein, Beurteilungsfehler in Personalgesprächen weitestgehend zu vermeiden, dass dieses Ziel wahrscheinlich nie zu einhundert Prozent erreicht werden kann steht außer Frage. Die Kenntnis von Beurteilungsfehlern versetzt die beurteilende Person (meist ja die unmittelbare Führungspersönlichkeit) allerdings in die Lage, diese Fehlerquellen in Personalgesprächen zu verringern.

Ziel sollte es also sein, Fehler bei der Beurteilung von Mitarbeitern zu vermeiden, um so zu einer „gerechteren“ und letztlich auch wirklich motivierenden Leistungsbeurteilung von Mitarbeitern zu gelangen.

1. Blendende Eigenschafen (Halo-Effekt)

Wahrgenommene Primäreigenschaften, die eher als positiv oder negativ beurteilt werden, können indirekt zu einer Ableitung von einer ganzen Reihe von Eigenschaften und Merkmalen führen (z. B. unattraktiven Personen werden eher negative soziale Eigenschaften zugesprochen als attraktiven). So gelangen Führungsverantwortliche schneller zu einem „Urteil“ bei Mitarbeitern mit besonders hervorstechenden Eigenschaften und Leistungen (oder Misserfolgen), während „unauffällige“ Mitarbeiter, die auch sehr gute Leistungen erbringen, aber nicht auffallen, durchs Raster fallen können.

  • Konsequenz:
    • Es ist also bei der Beurteilung von Mitarbeitern darauf zu achten, sich nicht von starken Auffälligkeiten oder herausragenden (blendenden) Eigenschaften zu einem vorschnellen Urteil über die gesamte Leistung des Mitarbeiters verleiten zu lassen.

2. Bezugs-System-Effekt (Kontrast-Effekt)

In einem allgemein als „schlecht“ bekannten Team wird das Verhalten einer Person mit durchschnittlichen Kompetenzen als wesentlich besser beurteilt, als in einer Gruppe mit „sehr guten“ Mitarbeitern.

  • Konsequenz:
    • Achten Sie also bei der Beobachtung zur Beurteilung in Personalgesprächen darauf, wie gut oder schlecht Sie das Team, in dem der Mitarbeiter arbeitet, als ganzes wahrnehmen.

3. Eigene (selbst entwickelte) Persönlichkeitstheorien

Wir neigen dazu, unbewusste Annahmen darüber zu entwickeln, welche Persönlichkeitsmerkmale gemeinsam auftreten und welche sich einander ausschließen
(z. B. dominante Menschen sind oft durchsetzungsfähig). Hier besteht die Gefahr eines Fehlers in der Beurteilung darin, von einem wahrgenommenen Merkmal (dominant) auf ein nicht wahrgenommenes oder gar nicht vorhandenes Merkmal (z. B. durchsetzungsfähig) zu schließen.

  • Konsequenz:
    • Konzentrieren Sie sich also auf die wirklich beobachtbaren Merkmale und Leistungen Ihrer Mitarbeiter.

4. Hierarchie-Effekt

In der Hierarchie höher eingestufte Mitarbeiter werden im Durchschnitt besser bewertet, als Mitarbeiter der unteren Hierarchie-Ebenen.

  • Konsequenz:
    • Gehen Sie bewusst auf die Leistung des Mitarbeiters bei der Beurteilung ein, nicht auf seine Stellung im Unternehmen.

5. Wahrgenommene Ähnlichkeit (Projektionsfehler) – Sympathie und Antipathie

Sympathische Personen werden positiver beurteilt. Hier spielt die wahrgenommene Ähnlichkeit eine große Rolle. Menschen, mit denen wir etwas gemeinsam haben (z. B. Wohnort, Studienort, Arbeitsort, Aussehen, Kleidung, Ausbildung, Abteilung, Überzeugungen, etc.) werden positiver von uns eingeschätzt.

  • Konsequenz:
    • Überprüfen Sie kritisch, bei welchen Mitarbeitern Sie Gefahr laufen, durch wahrgenommene Ähnlichkeit, starker Sympathie oder Antipathie einen Beurteilungsfehler seiner gezeigten Leistung zu machen.

6. Beeinflussung durch Gruppenprozesse (auch Konformitätsdruck)

Die Gefahr eines Beurteilungsfehlers der Leistung von Mitarbeitern besteht auch dann, wenn sich Gruppen von Kollegen z. B. über einen Mitarbeiter gezielt austauschen. Eine von der Mehrheit der Gruppenmitglieder allgemein akzeptierte Überzeugung, wird leicht von noch zweifelnden Gruppenmitgliedern übernommen.

  • Konsequenz:
    • Ziehen Sie zur Beurteilung von Mitarbeitern nur Ihre eigenen (oder die in der Organisation festgelegten) Kriterien und Informationen heran. Verlassen Sie sich nicht auf die Aussage Dritter zur Beurteilung von Verhalten oder Leistung.

7. Nikolaus-Effekt (Recency-Effekt)

Die Beurteilung von Menschen, deren Leistung und Verhalten kann auch dadurch verfälscht werden, dass Sie die Informationen über diesen Menschen in einer bestimmten Reihenfolge wahrnehmen. Konkret: Ereignisse kurz vor einem Personalgespräch wirken stärker auf die Beurteilung als Ereignisse, die länger zurückliegen.

  • Konsequenz:
    • Vermeiden Sie eine Über- oder Unterbewertung der Leistung Ihres Mitarbeiters, in dem Sie die Leistungen der Zeit kurz vor dem Personalgespräch besonders aufmerksam beurteilen.

8. Kleber-Effekt

Die „Beurteilungs-Geschichte“ eines Mitarbeiters prägt den Beurteilenden. Konkret: Wer früher gute Leistungen vollbrachte, kann nicht heute schlechte vollbringen (ebenso für schlechte Leistungen).

  • Konsequenz:
    • Betrachten Sie nur die wirklichen Leistungen im Beurteilungszeitraum.

9. Benjamin-Effekt

Je kürzer ein Mitarbeiter einen Arbeitsplatz bekleidet und je jünger er ist, um so strenger fällt die Beurteilung aus.

  • Konsequenz:
    • Beurteilen Sie die tatsächliche Leistung, nicht das Alter oder die Erfahrung, die jemand hat.

10. Attributionsprozesse (Warum geschieht etwas? – Ursachenzuschreibung)

Bei der Beobachtung von Menschen, beurteilen wir, inwiefern ein Verhalten vom Agierenden selbst verursacht wird oder eher aus den Umständen heraus entsteht.

Wichtig dabei ist,

  • wie oft können wir ein bestimmtes Verhalten auch bei anderen Personen beobachten?
  • wie oft können wir ein bestimmtes Verhalten bei einer Person in verschiedenen Situationen beobachten?
  • wie oft ist das Verhalten bei der Person schon früher aufgetreten?

Es kann sein, dass wir den Misserfolg einer Person eher seiner Unfähigkeit zuschreiben, wenn sie in der Vergangenheit in einer ähnlichen Situation ebenfalls Misserfolg hatte.

  • Konsequenz:
    • Es kommt darauf an, dass Sie sehr genau beobachten, was ist das wirkliche Verhalten einer Person, das zu einer bestimmten Leistung in einer Situation oder im Laufe eines Betrachtungszeitraums führt.

Fazit

Wenn es um die Beurteilung von Mitarbeitern in Personalgesprächen oder auch Personalbeurteilungs-Prozessen (meist mit dem Ziel der Leistungsbezogenen Bezahlung) geht, dann hilft es der Organisation oder dem Unternehmen Beurteilungsfehler, die menschlich sind, zu kennen, um so zu gerechteren Bezahlung zu gelangen. Ein wesentlicher zweiter Aspekt von Beurteilungsfehlern liegt in der Konsequenz für die Führung und die Weiterentwicklung der jeweiligen Mitarbeiter. Es kann gut sein, dass es Personal gibt, von dem bisher alle (Verantwortlichen) geglaubt haben, hier lohnen sich Motivation oder Weiterentwicklungs-Angebote nicht und bei genauerer Betrachtung waren es Vorurteile oder eben Bewertungsfehler, die zu dieser fatalen Einschätzung geführt haben.

Bildquelle: Wikipedia

Hier schreibt der Unternehmensberater, Coach und Organisationsentwickler, mit viel Lust auf Marketing und Vertrieb. Ich bin auch Vortragsredner, Workshopleiter, Supervisor, Unternehmer seit 1991, Leipzig-, Eilenburg- und Berlin-Versteher sowie deutschsprachig weit unterwegs, von Herzen Nordsachse, Optimist in den meisten Fällen, Blogger, Fotograf, Trainer, auch Ausbilder für Autogenes Training – kurz: vielleicht auch dein Entwicklungsspezialist?
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2 Kommentare zu “Beurteilungsfehler in Personalgesprächen”
  1. Elke Wenzel schreibt

    Der Text ist sehr gut.

    Er listet die verschiedenen Beurteilungsfehler/ -problematiken kurz und bündig auf.

    Könnte ich den Autor, Ort und das Einstelldatum des Textes bitte bekommen?

    Grüße

  2. Sven Lehmann schreibt

    Hallo Frau Wenzel,

    willkommen im Streuverluste-Blog!

    Autor ist Sven Lehmann, Erscheinungsdatum 12.05.2008, so wie es im Artikel auch ausgewiesen ist. Ort natürlich Eilenburg bzw. eben hier die Streuverluste-Website.

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